Kapitel 19
Dante trat mit einem schwachen Lächeln hinter dem Baum hervor. Er kannte diesen gereizten Ton. Er bedeutete, dass Abby sich seiner außerplanmäßigen Aktivitäten mit dem Schwarzmagier sehr wohl bewusst und kein bisschen begeistert darüber war.
»Das hast du gut gemacht, Liebste. Dieser Dummkopf wird es sich zweimal überlegen, ob er dich noch einmal angreift.«
Sie trat auf ihn zu und stemmte die Hände in die Hüften. »Warum hast du mir nicht geholfen?«
»Hättest du meine Hilfe denn haben wollen?«
Seine Worte ließen sie kurz zögern. Ihre unabhängige Art machte es ihr fast unmöglich, zuzugeben, dass sie vielleicht Hilfe benötigte. Egal, von wem.
Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Es ist überhaupt nicht deine Art, mir tatenlos beim Austeilen zuzusehen.«
Dante wölbte eine Braue. »Austeilen?«
»Beim Kampf gegen die bösen Buben.«
Dante packte Abby an den Armen und zog sie an sich. Er atmete ihren warmen Duft tief ein. Einen Duft, der nun sein eigenes Blut enthielt. Dieses Wissen ließ eine rein männliche Lust durch seinen Körper schießen.
»Es schien, als habest du dich gut gegen den Kerl behaupten können.«
Sie lehnte sich zurück, um ihn mit einem scharfen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu durchbohren. »Okay, was ist los?«
»Nichts.«
»Ich konnte dich hinter dem Baum spüren, und ich weiß verdammt gut, dass du ganz wild daraufwarst, rauszustürmen und diesen Mann umzubringen. Was hat dich davon abgehalten?«
Dante strich eine verirrte Locke zurück. »Ich musste mich einfach vergewissern, dass du nicht zögern würdest zu kämpfen.«
Abby gab einen erstickten Laut von sich. »Lieber Gott, ich habe seit Tagen einen ausgewachsenen Krieg geführt. Warum sollte ich jetzt zögern?«
»Du hast gegen Dämonen und Zombies gekämpft, nicht gegen Menschen. In deinem Kopf gibt es da einen Unterschied«, erklärte er. »Ich musste einfach wissen, dass du deine Angst überwinden würdest, eine andere Person zu verletzen.«
Sie errötete leicht.
Er strich mit dem Finger über ihre Lippen. »Ist mit dir alles okay?«
Sie verzog ihre Lippen zu einem grimmigen Lächeln. »So okay, wie es jetzt eben geht.«
»Du bedauerst nichts?«, drängte er.
Abby nahm sich einen Moment Zeit und ließ ihren Blick über die mittlerweile leere Straße schweifen. »Eigentlich... nicht. Vielleicht ist das ja furchtbar von mir, aber es ist nett zu wissen, dass ich nicht in Panik geraten bin, als es darauf ankam.«
Er zog sie noch näher an sich. Das war eine Lektion, die sie ganz allein lernen musste. Aber es war die Hölle gewesen, tatenlos zuzusehen und sie ihre Stärke allein entdecken zu lassen.
Er würde sich lieber pfählen lassen, als das noch einmal durchzumachen.
»Eine mächtige Frau. Das gefällt mir.« Seine Lippen streiften ihre Schläfe. »Sexy.«
»Gibt es irgendwas, was du nicht sexy findest?«
»Was soll ich sagen? Vampire sind unersättlich.«
Seine Hände glitten langsam nach unten zu ihren Hüften, als sie plötzlich mit den Händen gegen seine Brust drückte.
»Warte.«
»Was ist denn?«
»Du wirst mich nicht ablenken.«
Seine Zähne knabberten an ihrem Ohrläppchen. »Aber es könnte Spaß machen.«
Sie erbebte leicht. Doch dann machte sie entschieden einen Schritt nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Nein. Du hast mich angelogen.«
Dante gestand sich reuevoll ein, dass Abby sich nicht davon abbringen lassen würde. Sie glühte förmlich vor lauter Bedürfnis, ihn auszuschimpfen. Zu schade. Jetzt, da die unmittelbare Bedrohung vorbei war, konnte er sich bessere Methoden vorstellen, sich die Zeit zu vertreiben.
»Das ist ziemlich hart«, protestierte er schwach.
»Du hast mir gesagt, du würdest eine falsche Spur legen und die Spur dieser Dämonin aufnehmen.« Sie stach ihm mit dem Finger in die Rippen. »Du hast nichts davon gesagt, dass du gegenüber diesem verdammten Magier dein Testosteron demonstrieren würdest.«
»Er wird uns auf die Nerven geben, bis wir ihn loswerden können. Ich habe es satt, dauernd über die Schulter zu blicken.«
»Hast du...?«
»Nein.« Dante schüttelte angewidert den Kopf. Er hatte sich auf einen Kampf vorbereitet. Er hatte nicht in Erwägung gezogen, dass der Bastard seine Kräfte nutzen würde, um ihm zu entkommen. »Der Feigling ist lieber davongelaufen, als wie ein Mann zu kämpfen.«
Abby bohrte ihm erneut den Finger in die Brust. »Da ist noch mehr passiert, als dass er einfach abgehauen wäre. Ich konnte dich spüren, und ich wusste, dass es irgendeinen Kampf gab.«
»Es war kaum ein Kampf. Oder auch nur ein Wortgefecht.« Er streckte die Arme aus. »Sieh mich an, ich habe keinen Kratzer.«
Abby kniff die Augen zusammen. »Ich habe dein Blut getrunken; ich weiß, dass es einen Kampf gab.«
Seine Lippen zuckten. »Es war mehr eine kleinere Unstimmigkeit.«
»Dante...«
Er berührte sie am Kinn. »Abby, ich fand den Magier, wir tauschten einige Drohungen aus, er war mir zum Greifen nahe, und ich erlaubte ihm wie ein Dummkopf, zu verschwinden. Sonst nichts.«
»Du hast Glück, dass er verschwunden ist. Ich habe dich vor dem gewarnt, was passiert, wenn du dich verletzt.«
Dante lächelte, während er seinen Blick zu ihrem Mund wandern ließ. Bestimmt hatte er ihr jetzt genug Schelte gestattet. Es war definitiv höchste Zeit, sich mit interessanteren Aktivitäten zu beschäftigen.
Während er noch unschlüssig überlegte, ob er es wagen sollte, sie wieder in seine Arme zu ziehen und ihre Wut wegzuküssen, wirbelte er abrupt herum, die Fangzähne ausgefahren und die Hände zu Klauen gebogen. Ein Vampir befand sich in der Nähe, und er würde es nicht darauf ankommen lassen.
Wie aufs Stichwort trat Viper aus den Schatten und verschränkte die Arme vor der Brust. Selbst auf Dante wirkte er wie eine tödliche Bedrohung in seiner schwarzen Kleidung und mit seinem hellen Haar, das von einer schweren Silberspange zusammengehalten wurde. Ein uraltes Raubtier, das nicht zögern würde zu töten.
Das bekannte spöttische Lächeln lag auf seinen Lippen.
»Wirklich, Dante, ich dachte, du stecktest inzwischen knietief in Hexen, und stattdessen bist du hier und spielst mit deinem neuen Spielzeug.«
Dante zog eine Braue hoch. »Was machst du hier?«
»Ich bin der Spur deines Magiers gefolgt.«
»Zu spät.« Dante starrte in die Richtung von Selenas dunklem Anwesen. »Er hatte seinen großen Auftritt bereits.«
»Und jetzt?«
»Seinen großen Abgang. Er hat den Fürsten beschworen.«
Viper zuckte die Achseln. »Es ist nur eine Frage der Zeit.«
»Er entpuppt sich als echter Quälgeist.«
»Sind das nicht alle Magier?«
»Es ist mir gelungen, ihn zu verletzen. Du solltest dem Duft seines Blutes folgen können.«
Ein Moment verstrich, während Viper seinen Blick zu der stumm dastehenden Abby gleiten ließ. »Du hast es doch wohl nicht eilig, mich loszuwerden, oder, Dante?«
Natürlich war das tatsächlich der Fall. Dante war besitzergreifend genug, um sich über die Art und Weise zu ärgern, wie Viper Abby ansah.
»Ich muss meiner eigenen Spur folgen.«
Als ob er Dantes kribbelndes Unbehagen spürte, schlenderte Viper absichtlich auf Abby zu und berührte leicht ihr Haar.
»Und Spiele spielen, oder?« Er verstummte und senkte den Kopf, um an Abbys Hals zu riechen, bevor er sie am Arm packte und ihn umdrehte. »Was ist das?«
Abby, die sich nie gern hatte grob behandeln lassen, wehrte sich gegen den Griff des Vampirs.
»Hey. Was soll das?«
Vipers verblüffter Blick glitt zu Dante. »Du hast sie zu deiner Gefährtin gemacht? Nun, nun. Herzlichen Glückwunsch.«
Abby, die mit einiger Verspätung erkannte, was Vipers Aufmerksamkeit erweckt hatte, betrachtete die verschlungenen roten Schnörkel, die nun die Innenseite ihres Unterarms schmückten.
»Verdammt noch mal. Was ist das?«
Viper lachte kurz auf. »Sie weiß es nicht?«
Abby durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Dante?«
Dante dachte einen Augenblick darüber nach, was für ein Vergnügen es wäre, Viper zu einer hübschen Schleife um den Baum zu binden.
»Ich habe dir doch gesagt, dass wir miteinander verbunden sein würden, wenn du mein Blut trinkst«, sagte er zu Abby.
Sie wirkte alles andere als beruhigt. »Du hast mir nicht gesagt, dass ich aussehen würde wie eine Motorradbraut aus der Hölle. Verschwindet es wieder?«
»Nein.«
»Was bedeutet es?«
Dante öffnete den Mund, aber Viper war schneller. »Dass Ihr mit einem Brandzeichen versehen wurdet. Kein anderer Vampir darf Euch jetzt noch in Besitz nehmen.«
Dante schloss die Augen. Er war auf alles vorbereitet, als er hörte, wie Abby tief Luft holte.
Er wusste vielleicht nicht viel über menschliche Frauen, aber er wusste, dass sie eine starke Abneigung dagegen besaßen, als Eigentum behandelt zu werden.
»Brandzeichen? Du hast mich gebrandmarkt?«
»Bis in alle Ewigkeit«, fügte Viper mit weicher Stimme hinzu.
Dante knurrte leise. »Du bist mir nicht gerade eine Hilfe, Viper.«
Viper blinzelte und heuchelte Unschuld. »Oh, du wolltest, dass ich sie belüge? Du hättest mir irgendein Zeichen geben sollen.«
»Geh.« Der bedrohliche Tonfall in Dantes Stimme war nicht zu überhören. »Geh, und töte diesen Magier.«
Vipers Miene war plötzlich ernst, als er auf Dante zuging und ihm eine Hand auf die Schulter legte.
»Sei vorsichtig. Der Fürst ruft seine Lakaien, In der Stadt wimmelt es von Dämonen. Und die meisten sind übler Laune.«
Dante nickte leicht und sah zu, wie Viper in der Dunkelheit verschwand. Erst als sie wieder allein waren, ging er zögernd auf Abby zu und nahm sanft ihre Hand.
»Abby, du wirst keinen Schaden davontragen.« Er ließ seine Finger über das verschnörkelte Mal gleiten. Der Dämon in ihm heulte triumphierend über dieses Eigentumssymbol, aber er war weise genug, um seinen Gesichtsausdruck verständnisvoll zu halten. »Es ist... wie ein Ehering. Ein Symbol meiner Liebe zu dir.«
»Einen Ehering kann man abnehmen. Ich bin für immer gebrandmarkt.«
Dante brauchte ihr Blut nicht zu befragen, um die Anspannung zu fühlen, die in Abbys steifem Körper summte. Er runzelte die Stirn.
»Abby, es geht hier nicht um das Brandzeichen, nicht wahr?«
Sie erzitterte, aber zwang sich, seinem prüfenden Blick standzuhalten. »Es schien mir bis jetzt nicht real. Es macht mir Angst.«
»Ich mache dir Angst?«
»Nein, natürlich nicht. Es ist nur so, dass ich nie darüber nachgedacht hatte, mein Leben mit jemandem zu verbringen. Nach der Heirat meiner Eltern...«
Endlich erkannte Dante den Grund für ihre plötzliche Nervenattacke. Er legte ihr einen Arm um die Schulter und zog sie eng an sich.
Hoffentlich schmorte ihr Vater in der Hölle.
»Wir sind nicht deine Eltern«, murmelte er sanft. »Ich könnte dich nie verletzen. Niemals.«
Abby presste ihr Gesicht gegen seine Brust. »Ich weiß nicht, wie es ist, eine Gefährtin zu sein. Ich war mein ganzes Leben lang allein.«
»Ist es das, was du willst? Allein sein?«
Dante spürte den Schauder, der Abby überlief.
»Nein, aber was, wenn ich dich enttäusche?«
Dante berührte ihr Haar mit den Lippen. »Liebst du mich?«
»Ja, ich liebe dich.«
»Das ist alles, was zählt.«
Sie wich ein Stück zurück. Ihr Gesicht leuchtete blass im Mondlicht. »Und was, wenn das nicht reicht?«
Seine Hand umfasste ihren Hals. »Das Brandzeichen ist keine Gefängnisstrafe, Abby. Es gibt nichts, was dich davon abhalten könnte wegzugehen, wann auch immer du es möchtest.«
»Und was ist mit dir?«, wollte sie wissen. »Was bedeutet das Brandzeichen für dich?«
Er zögerte einen Moment, bevor er die Wahrheit gestand. »Du bist meine Gefährtin. Es wird nie eine andere geben.«
Seine sanften Worte schienen sie völlig unvorbereitet zu treffen. Doch dann spürte er erstaunt, wie die Anspannung aus ihrem Körper zu weichen begann und sich ein reumütiger Ausdruck auf ihrem Gesicht ausbreitete.
»Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.« Sie schlang die Arme um seine Taille. »Ich bin normalerweise nicht der hysterische Typ.«
Dante genoss das Gefühl ihrer Hitze, die in seinen Körper strömte. Er war sich nicht sicher, wie oder warum er es ihr gestattet hatte, ein dermaßen entscheidender Teil seines Lebens zu werden, aber er wusste, dass er es nie überleben würde, wenn ihr etwas zustieße.
»Ich kann mir nicht vorstellen, was mit dir los sein sollte«, neckte er sie und vergrub seine Finger in ihrem Haar, als die vertraute Woge der Begierde Anspannung in seinen Muskeln hervorzurufen begann. »Es ist ja nicht so, als ob du ungewollt einen Geist beherbergtest oder von Dämonen gejagt oder fast von einem Schwarzmagier geopfert worden wärest.«
Abby kicherte zögernd, während sie sich an ihn schmiegte. »Ich glaube, es war das Tattoo, das mich ein bisschen verrückt gemacht hat.«
»Nicht der Gedanke daran, meine Gefährtin zu sein?«
Ein willkommener Ausdruck der Belustigung trat in ihre Augen. »Das hängt davon ab.«
»Wovon?«
»Eine Gefährtin ist nicht das Gleiche wie eine Ehefrau, oder?«
Er zuckte unbestimmt mit den Schultern. »Ist das von Bedeutung?«
»Natürlich. Ich habe nicht die Absicht, den Rest meines Lebens damit zu verbringen, eine Art unbezahlte Dienerin für dich zu spielen.«
Abby seine Dienerin?
Dante verbiss sich ein ungläubiges Lachen.
»Mach dir keine Sorgen, Liebste, ich bin recht pflegeleicht«, versicherte er ihr mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck. »Wenn du erst damit fertig bist, die Böden zu schrubben, meine Kleider zu waschen und mir Blut zu servieren, während ich vor dem Fernseher sitze, wirst du eine Menge Zeit für deine Stopfsachen haben.«
Sie stieß ihm mit dem Ellbogen in die Seite. »Stopfsachen? Es ist viel wahrscheinlicher, dass ich meine Pflöcke anspitze.«
Mit einem leisen Lachen tippte Dante ihr auf die Nasenspitze. »Ich habe jahrhundertelang für mich selbst gesorgt, Liebste, und die grausame Wahrheit ist: Wenn ich Bedienstete haben wollte, könnte ich jeden Menschen in meinen Bann ziehen, damit er tut, was ich ihm sage.«
»In deinen Bann ziehen?«
»Ein Trick, den alle Vampire beherrschen.«
Abby zog die Augenbrauen in die Höhe. »Hast du jemals versucht, mich in deinen Bann zu ziehen?«
Er zeichnete mit dem Finger ihre Lippen nach. »Nie.«
»Warum nicht?«
»Weil du mir gefielst«, sagte er einfach.
Sie blinzelte. »Ich gefiel dir?«
»Mir gefiel deine Unschuld, deine Ehrlichkeit, deine Weigerung, dich selbst zu bemitleiden, trotz der schlechten Chancen, die du hattest, und natürlich«, er lächelte, »konnte dieser bezaubernde Körper auch nicht schaden. Ich wollte nicht, dass du dich in eine geistlose Kriecherin verwandeltest. Ich wollte dich.«
»Oh.« Sie atmete tief ein. »Du überraschst mich immer wieder.«
»Wie das?«
»Als wir uns zum ersten Mal trafen, habe ich erwartet, dass du arrogant, gefährlich und sexy wärst.«
»Das stimmt alles. Insbesondere der Teil mit dem >sexy<.«
»Ich hätte nie erwartet, dass du nett bist.«
Dante blickte sie erstaunt an. Nett? Er war nie zuvor beschuldigt worden, nett zu sein. Und das aus gutem Grund.
Bis die Hexen ihn gefangen hatten, war er ein Jäger gewesen, der Jagd auf alle gemacht hatte, die dumm genug gewesen waren, seinen Weg zu kreuzen. Und selbst nachdem er an die Leine gelegt worden war, war er noch immer ein tödlicher Krieger gewesen, der ohne Gnade töten konnte.
Erst durch Abby entdeckte er die sanfteren Emotionen, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass er sie besaß. »Das war ich nicht, bevor du kamst.«
Sie standen gemeinsam in der Dunkelheit und hielten einander fest, die Freude genießend, einfach zusammen zu sein.
Schließlich zog sich Abby mit einer Grimasse zurück. »Willst du dich auf die Suche nach den Hexen machen?«
»Was ich will, ist, dich nackt und schwitzend unter mir zu haben«, murmelte er.
Sie stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Vielleicht will ich nackt und schwitzend auf dir sein.«
»Meine Güte.« Dante bekam schon bei der Vorstellung eine Erektion. »Versuchst du mich umzubringen?«
»Ich dachte, du wärst unsterblich?«
»Nicht mal unsterbliche Wesen können diese Art der Folter ertragen.« Er beugte den Kopf zu ihr hinunter, um Abby kurz, aber leidenschaftlich zu küssen. »Lass uns gehen, bevor ich vergessen habe, was zum Teufel ich eigentlich tun sollte.«
Abby ließ es geistesabwesend zu, dass Dante sie zu der zerstörten Villa zurückführte. Ein Teil von ihr wusste, dass sie aufpassen sollte. Sie sollte sich darauf vorbereiten, dass alles Mögliche - von Zombies über Höllenhunde bis hin zu Zauberern - plötzlich aus den Büschen sprang. Zum Teufel, zu diesem Zeitpunkt hätte es sie nicht überrascht, wenn ein Kobold aus dem Nichts aufgetaucht wäre und ein Tänzchen aufgeführt hätte.
Ihr Selbsterhaltungstrieb konnte im Augenblick allerdings nicht mit den seltsamen Tätowierungen konkurrieren, die blutrot im Mondlicht schimmerten.
Dantes Gefährtin. Wow. Du meine Güte.
Unvermittelt hielt Dante in den Schatten der Villa an und drehte sich um, um Abby mit einem Lächeln anzusehen, das verdächtig selbstzufrieden wirkte.
»Hör auf, daran herumzukratzen, Liebste. Es wird sich noch entzünden.«
»Es sieht sonderbar aus.« Sie hielt ihren Arm in die Höhe. »Wie soll ich in aller Öffentlichkeit so herumlaufen?«
Seine Selbstzufriedenheit nahm noch zu. »Niemandem wird es auffallen.«
Sie schüttelte ihren Arm vor seinen Augen. »Soll das ein Scherz sein? Ich sehe aus, als hätte ich mich mit Tequila besoffen und wäre am Ende in Shanghai gelandet.«
»Es ist für jeden außer für Dämonen unsichtbar.«
»Oh.« Sie ließ den Arm fallen. »Wirklich?«
»Wirklich.«
»Warum kann ich es dann sehen?«
Er beugte sich vor, um ihr direkt in die Augen zu sehen.
»Weil du etwas Besonderes bist.«
Albernerweise dauerte es einen Moment, bis die Erkenntnis sich Bahn brach.
»Na toll. Zuerst werden meine Augen blau und dann mein Arm rot. Gibt es noch andere körperliche Veränderungen, vor denen du mich warnen solltest? Ein Hörn? Eine gespaltene Zunge? Ein Paar Hufe?«
Er zuckte mit den Schultern, nahm ihren Arm und führte sie ins Haus, auf die Dienstbotentreppe zu.
»Naja, da gibt es den Schweif, aber wenn du dich erst an das Schwanzwedeln gewöhnt hast, wirst du kaum noch bemerken, dass er da ist.«
Abby schlug Dante gegen den Arm. »Du hast Glück, dass du schon tot bist.«
Er ließ ein Grinsen aufblitzen. »Und du nörgelst bereits herum wie eine Ehefrau.«
Abbys eigener Mund verzog sich ebenfalls zu einem Lächeln. Er war so ungeheuer schön. Und intelligent und stark und zärtlich und... und perfekt.
Eine Hitzewelle überlief ihren Körper, bevor sie streng ihre Gedanken auf die anstehenden Angelegenheiten richtete.
»Warum gehen wir nach oben?«
»Wir können die Zauberbücher nicht zurücklassen. Sie sind zu gefährlich, als dass sie weiterhin herumliegen dürften.«
»Keine Frage.« Abby erschauderte, als sie sich an die sonderbare Magie erinnerte, von der sie ergriffen worden war, als sie den Zauberspruch vorgelesen hatte. Das war eine Erfahrung, die sie lieber nicht noch einmal machen wollte. »Was hat Selena wohl mit ihnen gemacht?«
Dante blieb auf dem Treppenabsatz stehen und drehte sich um, um Abby anzusehen. »Das ist die entscheidende Frage, oder?«
»Vielleicht sollten wir überprüfen, was wir wissen.«
»Überprüfen, was wir wissen?«, wiederholte er mit einem leichten Lächeln. »Stammt das aus Law & Order? CSI? Monk?«
»Von Agatha Christie.«
»Aha.«
»Es könnte doch helfen.« Abby lehnte sich gegen die Wand, als ihr plötzlich bewusst wurde, wie erschöpft sie war. Die vergangenen Tage hatten ihren Tribut gefordert. »Wenigstens kann es nicht schaden.«
Er nickte langsam. »Das ist wahr. Wo fangen wir mit dieser Überprüfung an?«
Abby blinzelte. Es traf sie jedes Mal unvorbereitet, wenn sie entdeckte, wie bereitwillig Dante auf ihre Meinung hörte. Noch nie zuvor hatte irgendjemand das getan.
»Ich nehme an, mit Selena«, antwortete sie zögernd. »Du hast gesagt, du hättest schon früher gedacht, dass sie sich seltsam benimmt... Vor der Explosion? Um ganz ehrlich zu sein, dachte ich einfach, dass sie verrückt wäre.«
Dante kniff die Augen zusammen, als er zurückdachte. »Sie war verschlossener als üblich. Sie kam ins Haus, ging wieder, ohne mich mitzunehmen, und blieb oft stundenlang in ihren Räumen verschwunden.«
»Glaubst du, dass sie die Hexen besucht hat?«
»Ja.«
»Hat sie die Zauberbücher von ihnen bekommen?«
»Das wäre meine Vermutung.«
Abby biss sich auf die Lippe, während sie versuchte, den Sinn in den seltsamen Geschehnissen zu erkennen.
»An was für einer Art von Zauber arbeitete sie wohl? Fürchtete sie sich vor irgendwas?«
Dante sah sie an. »Damals war es mir gleichgültig. Ich hatte ein... faszinierenderes Thema, über das ich nachdachte.«
Die Hitze kehrte zurück, und diesmal doppelt so stark.
Verdammt, er sollte sie nicht dermaßen ablenken.
»Und jetzt?«, drängte sie verbissen.
»Es gibt die Möglichkeit, dass die Hexen zufällig auf den Magier und seine Anhänger gestoßen sind«, meinte Dante. »Wenn sie seine Macht gespürt haben, haben sie sicher Schritte unternommen, um sich zu schützen.«
»Das ergibt einen Sinn.« Abby zögerte, als sie die Frustration spürte, die in ihm kochte. »Du denkst nicht, dass das die richtige Antwort ist.«
Er forschte einen Moment in ihrem Gesicht. »Dir mein Blut zu geben war eine gefährliche Sache.«
»Sag mir, was dich beunruhigt.«
Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Wenn sie wegen des Magiers besorgt gewesen wären, hätten sie nicht das Bedürfnis gehabt, das vor mir zu verbergen. Mehr als wahrscheinlich wäre ich geschickt worden, um mich um die Bedrohung zu kümmern.«
»Und?«
»Und der Zauberspruch, den du rezitiert hast, war offensichtlich dazu gedacht, Dämonen Schaden zuzufügen, nicht Menschen.«
Abby berührte mit der Hand seinen Arm. Sie hatte ihm von der Dämonin erzählt, die sie angegriffen hatte, aber sie hatte vergessen, ihm die heftigen, bohrenden Schmerzen zu gestehen, die sie nur wenige Momente, bevor der Zauberspruch beendet worden war, verspürt hatte.
»Vielleicht auch nicht.«
»Was meinst du damit?«
»Als ich mitten in diesem Zauberspruch war, fühlte ich... Schmerzen.«
Dante zog die Augenbrauen zusammen und berührte mit den Fingern Abbys Gesicht, als müsse er sich vergewissern, dass sie unverletzt war.
»Was für eine Art von Schmerzen?«
Sie schnitt eine Grimasse. »Als ob jemand mich mit einem glühenden Schürhaken durchbohren würde.«
»Der Phönix?«
Abby versuchte sich zu erinnern, aber zuckte schließlich nur mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich fühlte einfach Schmerzen, und dann traf mich die Dämonin von hinten, und dann waren sie verschwunden.«
Dantes Frustration wurde noch stärker. Er drehte sich um und lief auf dem Treppenabsatz hin und her. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Nach den vergangenen Tagen musst du schon etwas genauer sein«, meinte sie trocken.
»Wir wissen immer noch nicht, was die Absicht der Hexen war, wer Selena getötet hat oder was zum Teufel der Magier mit alledem zu tun hat.«
»Du meinst damit, dass wir keinen blassen Schimmer haben, was los ist.«
Dantes leises Knurren brachte Abbys Nacken zum Kribbeln.
»Es gibt eine Verbindung. Wir müssen sie nur erkennen.« Er streckte die Hand nach ihr aus und zog sie durch den Gang. »Wir müssen diese verdammten Hexen finden.«